Ulrich Leman

1885 Düsseldorf – 1988 Deiá (Mallorca)

Blick aus dem Fenster des Uphagenhauses auf das spätwinterliche Danzig

Öl /Leinwand     110 x 133 cm

Signiert und datiert: 1916

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Ulrich Leman ist als wichtiger Vertreter des Rheinischen Expressionismus bekannt. Das Gemälde „Blick aus dem Fenster“ ist eines der seltenen Frühwerke, in denen er noch der impressionistischen Auffassung nahe stand. Leman studierte 1903-1912 an der Düsseldorfer Kunstakademie. Von der konservativen Auffassung seiner offiziellen Lehrer, den Historienmalern Peter Janssen, Ludwig Keller und Eduard von Gebhardt, entfernte er sich jedoch bald. Ihn interessierten die avantgardistischen Tendenzen, die sich zwischen 1900 und dem Ersten Weltkrieg bei einer Reihe von Düsseldorfer Malern außerhalb der Akademie durchsetzten. Mit Zeitgenossen wie Max Stern, Willy Lucas oder Josef Kohlschein d. J. fand Leman zu einer vom französischen Impressionismus inspirierten Malweise. Die französische Hellmalerei in intensiven Farben, angewendet auf das unbedeutende, alltägliche, wie zufällig in den Blick geratene Motiv fand im frühen Werk Lemans Widerhall.

Das große Fensterbild ist ein seltenes und zugleich besonders prachtvolles Werk der frühen impressionistischen Periode des Malers. Es entstand 1916 mitten im Ersten Weltkrieg in Danzig, wo sich der Kriegsteilnehmer Ulrich Leman zu dem Zeitpunkt auf Heimaturlaub im Kreise seiner Familie aufgehalten haben muss. Leman ist, obwohl in Düsseldorf geboren, in Danzig aufgewachsen, wo seine Familie herstammte. Dargestellt ist der Blick aus einem Fenster des sogenannten Uphagenhauses, eines bürgerlichen Stadthauses aus dem 18. Jahrhundert, das 1911 in ein Museum umgewandelt wurde. Der Fensterrahmen ist lotrecht ins Bildgeviert eingepasst, womit der Maler einen Trompe-l’oeil-Effekt erzielt: der Betrachter vermeint statt eines Gemäldes den tatsächlichen Blick aus dem Fenster wahrzunehmen. Das Bildformat in Fenstergröße verstärkt diesen Eindruck. Während der rechte Flügel des Innenfensters nur im Ansatz angegeben ist, nimmt der linke Flügel das linke Viertel der Bildfläche ein. Vor dem Fenster steht ein kleiner Tisch, darauf eine Messingjardinière und eine Glasvase mit Tulpen. Auf der breiten Fensterbank zwischen dem Innen- und dem Außenfenster stehen mehrere Blumentöpfe mit einem Gummibaum und weiteren blühenden, bunten Pflanzen. Die kräftigen reinen Farben der Zimmerpflanzen bilden einen reizvollen Kontrast zum Rest des Bildes. Während sich die Blumen im linken Fensterflügel noch in blassen Pastelltönen spiegeln, kommen ansonsten nur hellgraue und beigefarbene Töne vor, die insbesondere im Fensterausblick den kalten, verschneiten Spätwintertag nachempfinden lassen.

Nach dem ersten Weltkrieg schloss sich Leman der Bewegung „Junges Rheinland“ um Heinrich Nauen an. Seine Werke wurden nun im Kunstsalon von Johanna Ey („Mutter Ey“) ausgestellt, der ein Hauptforum für avantgardistische Kunst in Düsseldorf in jener Zeit darstellte. Noch einmal trat er in die Kunstakademie in Düsseldorf ein und war 1921/22 Meisterschüler von Heinrich Nauen, dem Hauptvertreter des Rheinischen Expressionismus. Seine Malerei entwickelte sich nun in Richtung des tonangebenden Expressionismus. Seit 1930 besaß Leman ein Haus auf Mallorca, was ihm zur zweiten Heimat wurde. Zahlreiche farbenfrohe Bilder entstanden hier seit dem Zweiten Weltkrieg im Stil des expressiven Realismus. Leman starb 1988 im Alter von 103 Jahren auf Mallorca und wurde ebendort begraben.